Montag, 22. Juni 2009

Wahl der Verfassungsrichter

Derzeit: durch einen Ausschuss, dem nur zwölf Mitglieder des Bundestages angehören.

Vorschlag Winfried Hassemers: die Kandidaten durch einen kleinen Kreis vorschlagen, sie aber dann von allen Mitgliedern des Bundestages wählen zu lassen.

Heike Krieger, Richterin am Berliner Verfassungsgerichtshof: bisherige Praxis ist „verfassungswidrig“, weil sie „das Recht des Abgeordneten auf gleiche Teilhabe am Prozess der parlamentarischen Willensbildung“ verletze.

LINKS:

http://www.bundestag.de/wissen/analysen/2009/richter_bundesverfassungsgericht.pdf

http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,630260,00.html

Mittwoch, 17. Juni 2009

Neugier und Lobotomie

"Nietzsche hatte begonnen, jeden Willen zum Wissen durch den Verdacht des Willens zur Macht zu unterhöhlen", schreibt Sloterdijk in der Kritik der zynischen Vernunft.
Eine Fehlspur die da hinterlegt wird - und das ist der Preis der Polemik, dass sie zu viele Fehlspuren hinterlässt. Manchmal jedoch offenbart erst recht das Unmaß an Fehlspuren die Geradlinigkeit des richtigen Weges (oder anders: ein richtiger Weg kann es nur dort geben, wo es von vielen falschen nur so wimmelt).
Die Fehlspur Sloterdijks ist die Fehlspur die Foucault - sicherlich beabsichtigt - hinterlegt hat: hinter jedem Wissen stehe ein grosses Verbrechen, welches sich verkleiden möchte, oder politisch: Marx führt unweigerlich zu Stalin und Mao Tse Tung und Freud zwangsweise zur Lobotomie. Es ist die mögliche Deutung Goyas "sueno de la razon" nicht als Schlaf (als Abwesenheit) der Vernunft zu deuten, sondern als Traum der Vernunft ("el sueno de la razon produce monstruos" lautet der capricho). Nebenbei bemerkt: "Die Phantasie, verlassen von der Vernunft, erzeugt unmögliche Ungeheuer; vereint mit ihr ist sie die Mutter der Künste und Ursprung der Wunder" lautet Goys Kommentar zum Capricho 43.
Bei Nietzsche ist Wille zur Macht Synonym für den ewigen Kreislauf der Dinge, für die absolute Bejahung, jenseits von Gut und Böse.

NOTEN:
Es gibt tatsächlich eine kluge Vermutung, Goyas "sueno" als Schlaf sei ironisch gemeint, in Wahrheit habe Goya gewusst, dass der Traum größere Schäden anrichte als der Schlaf. Die Figur Napoleons und die von Goya porträtierten Greuel der bonapartistischen Kreuzzüge lassen diese Interpretation zu. Eine Vorstudie zum Capricho 43 trägt den Titel "El idioma universal", ein Projekt Condorcets (der Traum der Aufklärung: eine Sprache, die alles präzise sagt) und eine Satire Jonathan Swifts (bei einer Übertragung eins zu eins, müssten wir mit einem gefüllten Sack ins Kaffeehaus um eins zu eins auf ein Tee hinweisen zu können - wollten wir ihn verkaufen? oder gar trinken? oder lediglich nach dem Preis anfragen?).
Diese Überlegungen führen auf die erst recht wichtigere Spur, auf Blumenbergs Metaphorologie: es gibt Gedanken (Thesen, Theorien, Schulen) die sich verselbständigen und Allgemeingut eines ganzen Kulturkreises werden (es ist ein gesamtsoziales Werk, der Tod des Autors).
... Auch Nietzsches Gedanke des Willens zum Wissen als Neugier zum Wissen, welches zum Willen zur Macht als Wunsch zur Macht führt, ist eine metaphorologische Deutung.

QUOTES
„Alles geht, alles kommt zurück; ewig rollt das Rad des Seins. Alles stirbt, alles blüht wieder auf, ewig läuft das Jahr des Seins.“
F. Nietzsche: Also sprach Zarathustra

Sonntag, 7. Juni 2009

Universelle Wahrscheinlichkeitsschranken I

Sprache ist schwammig, im wörtlichsten Sinne.
Wir gehen mit ihr über eine beliebige Menge und nehmen davon von ganz wenig, bis zum letzten Tropfen auf. Das Aufgsaugte erhält dann ein phonetisches Ensemble und voila: eine Menge wurde geboren.
Denn Sprache muss alles nur erdenklich Sagbare auch sagen können, einschließlich der Feststellung, dass wir nicht alles sagen werden können, und einschließlich der Unmöglichkeit alles erdenkliche denken zu können - geschweige denn zu sagen.

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