Montag, 28. April 2008

Fallen Angels...

DER SPIEGEL 14/2008 vom 31.03.2008, Seite 42
Autoren: Markus Deggerich und Holger Stark
BANDEN
Gefallene Engel
Rockerkrieg auf deutschen Straßen: Die Motorradclubs Hell's Angels und Bandidos kämpfen mit allen Mitteln um die Vorherrschaft - auch mit Waffengewalt. Aussagen eines Aussteigers ermöglichen nun tiefe Einblicke in diese Parallelgesellschaft.

Auge um Auge, Zahn um Zahn, so lautet das Gesetz dieses Krieges, bei dem es fast alttestamentarisch um die vermeintliche Ehre, aber - ganz Moderne - auch um wirtschaftliche Interessen und Gebietsansprüche geht. Die Gruppen kontrollieren weite Teile der Türsteherszene, und wer die Türen kontrolliert, der kontrolliert auch die Drogen in den Clubs und Discotheken des Landes. Beim Rockerkrieg geht es um ein Finanzvolumen von jährlich vielen Millionen Euro, zu den Geschäftsfeldern zählen Waffenhandel, Glücksspiel, Schutzgelderpressung, Bars und Bordelle. Wie Konzerne haben die Banden ihre lokalen Ableger: 300 Ortsvereine, sogenannte Chapters, hat die Polizei bundesweit gezählt, mit insgesamt 3000 Mitgliedern.

Beide Banden kommen aus den USA und wurden von Kriegsveteranen gegründet - sie betrachten sich als die Elite unter den weltweiten Motorradclubs. Der militärische Hintergrund erklärt auch die straffe Hierarchie, den Hang zu Symbolen und Orden, bis hin zur Lederjacke als Uniform. Die Bandidos kommen aus Texas, 1966 von Marines, Vietnam-Veteranen, ins Leben gerufen. In den Achtzigern entstanden die ersten Ableger in Frankreich, später in Skandinavien.Die Hell's Angels sind älter, der weltweit größte und berühmteste Club feierte in diesem Jahr seinen 60. Geburtstag. Die Angels wurden kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von ehemaligen Crews einer Bomberstaffel der US-Luftwaffe gegründet. Aber fliegende Engel mit froher Botschaft waren die Angels nie. Bei den Mitgliedern sind laut einer Untersuchung von Europol über die Hälfte vorbestraft.

Es ging um einen Aufnäher für das Heiligste des Rockers, seine Jacke. Den sogenannten Expect-no-mercy-Aufnäher, zu Deutsch "Erwarte keine Gnade", dürfen nur jene an die Kutte heften, die einen Angel mit einer Schusswaffe oder einem Messer lebensgefährlich verletzt haben. So soll Robert K. zum Ziel geworden sein - für einen Rockerorden, für ein Stück Stoff.

LEFT LINKS:
Hauch von Großstadtromantik
Bier, Bike und Busen
Bruderschaft mit archaischen Riten.
Machos, klar, Mafia, nein
Easy-Rider-Romantik der amerikanischen Highways, jenem Mythos von Freiheit und Männlichkeit. Sie führen in eine kriminelle Welt mit Kokain und Knarren vom Kaliber 7,65 Millimeter.
"Gott vergibt - ein Angel nie.""Ehre, Achtung, Kameradschaft und die Liebe zum Bike"
prügelnden Chaoten mit viel PS und wenig IQ

"Konflikte Einzelner sind stets auch Konflikte der Gruppe"
"Wer keinen Job hat, dem besorgen wir einen, rumhängen geht nicht."
Bordelle? Waffen? Drogen? "Wer mit Drogen handelt", sagt er und nippt am Mineralwasser, "fliegt raus.""Kriminelle auf Rädern"



MARKUS DEGGERICH, HOLGER STARK
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