Donnerstag, 11. Dezember 2008

Die Tränen des Jesse Jackson



Wenn ich mir die Wahl unseres Präsidenten vor Augen führe, um das bewegendste  Bild auszuwählen, würde ich keine Minute überlegen: das Gesicht des tränenüberströmten Jesse Jackson bei der Anhörung der Siegesrede von Barack Obama in Chicago.

Nachträglich erklärte Jackson das „majestätische“ Aussehen Obamas und die „Erinnerung an all jene Märtiyrer und Ermordeten, deren vergossenes Blut diese Nacht erst möglich machten“, hätten ihn um die Fassung gebracht.

Zur Erinnerung: Jesse Jackson ist nicht nur der Reverend einer Baptistenkirche, der es selbst zum Präsidentschaftskandidat gebracht hat. Jesse Jackson ist auch der Mann, der im Balkon an der Seite Martin Luther King stand, als im April 1968 die tödlichen Schüße auf den Bürgerrechtler fielen.

Auf dem einen Auge sind es sehr persönliche Tränen, die da flossen. Auf dem anderen jedoch, und das ist es, was uns allen angeht, sind es die Tränen der Welt, die wir erblickten. Es sind gewiss auch Tränen der Freude, des lange Ersehnten und endlich Erlangten, des Realität gewordenen Traumes (ursprunglich stand hier „unendlich ersehnt", meinend dieser Traumgedanke liege eine Ewigkeit zurück, aber  wenn ich bedenke daß Obama der einzige derzeitige schwarze Senator ist und wenn ich bedenke, dass er überhaupt der fünfte schwarze in der Geschichte des US-Senats ist und wenn ich zugute letzt mir in Erinnerung hole, dass der erste Schwarzer im US-Senat seinen Dienst im Jahre 1870 antrat…).

Es sind aber auch und vor allem Tränen der Angst und der Trauer. Der Traum, der Wirklichkeit geworden, ist der Traum, der nicht weiter geträumt werden kann, ist der verlorene Traum. Und – verdammt, ich bin wirklich kein Pessimist – an Obama verlieren wir einen unserer letzten Träume, dass irgendeiner daherkommt, dazu mit dem Nimbus des lange von Vorurteilen umgebenens versehen, und uns rettet.

„We will get there“ sprach Obama in seiner Siegesrede. „We will get there“, sagte MLK in seiner letzten öffentlichen Rede. „We will get there“, hören wir als erstes von Moses beim Anblick des versprochenen Landes.

Die moderne Philosophie lehrt uns vorsichtig zu sein mit diesen Versprechungen. Allzu oft kristalisieren sich in ihnen die Träume einer ganzen Generation, einer ganzen Ethnie, der ganzen Menschheit. Die römischen Kaiser nicht als Herrscher eines enormen Imperiums aber als Opfer der Unverwirklichbarkeit einer allgemein Projektion. Es gibt diese Insel der Glückseligkeiten höchstvermutlich nicht, mehr noch, ihre Wirklichkeit ist undenkbar, gäbe es sie, wären sie nicht, was sie sind. Wir werden sie nie erreichen, aber wir sollten nie aufhören nach ihnen zu suchen.

Wir werden nirgends ankommen, weil wir kein Ziel haben, anders: der Weg ist das Ziel. Aber wir werden laufen müssen und der Weg, den uns das Ergebnis dieser Wahl geebnet hat, ist angenehmer zu gehen als die Wege davor. Abraham Lincoln sagte eines Tages „Wer im Leben kein Ziel hat verläuft sich“, es ist wichtig zu wissen, dass diese Ziele nicht gottgegeben, sondern menschengemacht sind, es ist wichtig zu wissen, dass sich ein jeder sein eigenes Ziel setzt und seinen eigenen Weg geht. Die Ankündigung des „we will get there“ ist persönlich umzumünzen: „You will get there“, was eine Lüge ist, aber man kommt weiter, wenn man sich daran hält.

 

TOPOI

Robert de Niro: diese Unerfahrenheit

Sarah Silverman: Barack in hebrew means lightening

Honest Abe: Wer im Leben kein Ziel hat verläuft sich

Der Spiegel: „Lange ist es her, dass die Welt zuletzt eine solche Projektionsfläche besaß“.

Barack Obama:  if there is anybody out there, who still doubt

Barack Obama: It´s been a long time coming

US – Senat: bis heute ganze 5 schwarze Senatoren

Jesse Jackson:

LINKS:

http://en.wikipedia.org/wiki/African_Americans_in_the_United_States_Congress

1 Kommentar:

Cristina Pombo hat gesagt…

É isso mesmo...o caminho faz-se caminhando.Em cada passo uma fronteira transposta. Adorei o comentário. Pena não estar em Português!